Pilot-Report: Glaser-Dirks DG-600

Text und Fotos: Dieter Schmitt

Frischer Wind in der Rennklasse

Schon auf den ersten Blick verrät die DG-600 ihre Zugehörigkeit zum Hause Glaser-Dirks: Die schlanke, weit nach vorne gezogene, große Haube, das gestreckte Cockpit, der verhältnismäßig lange Rumpf mit dem mächtigen Haupt- und dem integrierten Spornrad - dies ist typisch für die DG-Familie. Nicht ohne Grund hat man bei Glaser-Dirks an dieser Rumpf/Cockpitauslegung festgehalten: Sie ist Teil eines durchdachten Sicherheitskonzepts, welches bei der Bequemlichkeit der Sitzposition des Piloten beginnt. Die mehr liegende Sitzposition, bei der aufgrund der ergonomisch optimalen Auflage des ganzen Körpers einschließlich der Unterschenkel ein ermüdungsfreies Fliegen selbst über viele Stunden ermöglicht wird, die hervorragende Sicht aus dem mit einer sehr niedrigen Bordwand ausgestatteten Cockpit, die übersichtliche Anordnung der Bedienungselemente - all dies ist mehr als bloßer Komfort. Einmal im Cockpit einer DG Platz genommen, beginnt schon das Vergnügen in Form von Entspannung wie auf einem komfortablen Fernsehsessel. Der „Sessel" hat vielfache Anpassungsmöglichkeiten für individuelle Erfordernisse: Pedal- und Rückenlehne, selbstverständlich (obwohl nicht unbedingt erforderlich) wie auch die Kopfstütze im Flug noch veränderbar. Für das Schließen der aufgestellten Haube braucht man Hilfe, oder man muß die Haube ein wenig zu sich herunterziehen, bevor die Schultergurte stramm sitzen. Kein großes Problem, ein Helfer steht zum Einklinken ja ohnehin neben dem Flugzeug. Der Schließhebel für die Haube ragt in nicht verriegeltem Zustand gut sichtbar in den Cockpitinnenraum, so ist Kontrolle automatisch gegeben. Im Falle eines Notausstiegs wird beim Betätigen des Notabwurfgriffs die Haubenverriegelung mit geöffnet. Eine Feder drückt die Haube vorne hoch, durch den Fahrtwind wird die Haube weggerissen. Daß der Notabwurf mit einem einzigen Griff funktioniert, ist neu und zu begrüßen. Bei den Vorgängern waren erst der Griff und dann noch ein Knopf zu betätigen. Die Reduktion auf nunmehr nur einen Arbeitsgang kann in Notsituationen lebensrettend sein. Ausstiegsprobleme aus DG-Flugzeugen in Notfällen gab es allerdings zum Glück auch vorher nie: Über die niedrige Bordwand gelingt ein Notausstieg selbst bei den in der Regel auftretenden hohen Beschleunigungskräften. Alle wichtigen Bedienungselemente sind gut erreichbar angeordnet. „Kurze" Piloten können bei festgezurrten Schultergurten allerdings Schwierigkeiten haben, die Schalter ihres Instrumentenbretts zu erreichen, da der Pilz relativ weit vorne zwischen den Knien sitzt. Wer gerne mit strammen Gurten fliegt, hilft sich mit Verlängerungen aus steifem Instrumentenschlauch, die über eventuell im Flug zu bedienende Kippschalter oder Poti-Knöpfe gestülpt werden.

Flugeindrücke

Für meinen ersten Flug mit der DG-600 wähle ich die 15-m-Version. Die Thermik über dem Rheintal ist gut, ein schöner Flug steht bevor, bei dem ich das Flugzeug ausgiebig kennenlernen kann. Schon beim Anrollen empfindet man den Komfort der Fahrwerksfederung, deren Hauptelemente, zwei Stahl-Spiralfedern, jede Unebenheit schlucken. Nicht nur der Pilot, sondern auch das Flugzeug wird geschont, mancher Fahrwerksschaden auf steinigen Äckern kann durch eine solch wirksame Federungskonstruktion in Kombination mit dem großen Hauptrad vermieden werden. Gut ist auch die Querruderwirksamkeit beim Anrollen. Sobald Ruderdruck spürbar ist, raste ich die Wölbklappen von - 5 auf die Kurbelstellung (+ 10). Damit neigt sich die Nase des Flugzeugs, und man hat eine gute Sicht auf das Schleppflugzeug. Auffallend ist schon während des Flugzeugschlepps die Geräuscharmut der Lüftung, die bei diesen sommerlichen Temperaturen natürlich auf „offen" steht. Durch verbesserte Formgebung und Auskleidung des Lufteinlaufs ist die Geräuschentwicklung gegenüber den Vorgängern der DG-600 wirkungsvoll reduziert worden. Diese Verbesserung kommt übrigens auch den anderen DG-Familienmitgliedern zugute, die ab 1989 produziert werden. Und die älteren lassen sich, zumindest was die Auskleidung des Lufteinlaufs betrifft, nachrüsten. Nach dem Ausklinken steigt meine DG-600 munter in einem 3-m-Bart in den etwas dunstigen Himmel über dem Rheintal. Der ganz aus Kohle bestehende Flügel ist aufgrund seiner Torsions- und Biegesteifigkeit ziemlich hart, so daß jede Böe spürbar ist und man das Gefühl hat, als streiche die Luft über die eigene Haut. Das Flugzeug liegt ruhig in der Hand, kreist stabil mit etwa 90 km/h und reagiert mit gut abgestimmten Rudern zügig auf Korrekturen. Die Parallelogrammsteuerung ist sicher gewöhnungsbedürftig, hat jedoch den Vorteil, daß selbst bei starken Böen ein „Verreißen" unmöglich ist, da die durch Beschleunigung auftretenden Kräfte anders als bei traditioneller Knüppellagerung unwirksam bleiben. Ich versuche, eng kreisend, einen niedrigeren Geschwindigkeitsbereich. Da ich kein Wasser getankt habe - meine Flächenbelastung dürfte am unteren Ende des möglichen Bereichs zwischen 30 kg/m2 und 48 kg/m2 bei etwa 32 kg/m2 liegen -, kann ich bei Klappenstellung + 10 bedenkenlos an die 75-km/h-Marke herangehen. Eine vernünftige Geschwindigkeit beim Kreisen im Aufwind ist allerdings zirka 85 km/h, dann steigt die DG-600 am besten. Die Schnelltrimmung am Knüppel ermöglicht blitzschnelles Wegtrimmen der Ruderkräfte. Die DG-600 zeigt, steil kreisend, auch im unteren Geschwindigkeitsbereich keine Tendenz zum Abkippen, braucht jedoch nun, da die Kreisflugstabilität herabgesetzt ist, öfters Korrektureren. Ich ziehe noch ein wenig mehr, la Fahrtmesseranzeige muß ich mich schon auf der linken Seite der Polaren befinden, jedoch es geschieht immer noch nichts. Beim weiteren Durchziehen des Knüppels, nun fast bis zu Anschlag, geht die Fahrt endlich unter den „Punkt", und die DG-600 kippt, ohne das sonst übliche „Rubbeln" und Schütteln, relativ plötzlich ab. Kaum ist die Nase ein wenig unter dem Horizont, liegt die Strömung wieder an, die Ruder reagieren einwandfrei. Dieses für die DG-600 doch sehr charakteristische Überziehverhalten - Abkippen ohne die übliche deutliche Vorwarnung durch Wirbelbeaufschlagung des Leitwerks - spricht einerseits für die aerodynamische Qualität des Flügels, verlangt im Langsamflug andererseits Beachtung.

Der superdünne Flügel

Der Flügel ist, wie schon erwähnt, voll in Kohlefaser gebaut. Es gibt meines Wissens kein anderes in Serie gefertigtes Segelflugzeug, bei dessen Flügel ausschließlich Kohle verwendet wurde, nicht nur im Holm, sondern eben auch in der Schale. Das speziell für Höchstleistungen durch Horstmann/ Quast entwickelte Profil der DG-600 macht diese Bauweise erforderlich: Mit keinem anderen Material wäre der Bau eines derart dünnen Flügels möglich gewesen. Mit nur zwölf Prozent Flügeldicke wirkt der Flügel tatsächlich messerscharf, und es ist schon augenscheinlich, daß er die Luft wie eine Klinge durchschneidet. Die Idee zum Konzept der DG-600 war entstanden, als die Aerodynamiker Horstmann und Quast ein - rechnerisch - überlegenes, leistungsfähiges Profil entwickelt hatten, das jedoch hart an die Grenzen der Material- und Fertigungstechnik stieß. Diese Herausforderung nahm das DG-Team an. Das Resultat ist der superdünne Flügel der DG-600. Die Philosophie des Flügels setzt sich zum Ziel, den Druckanstieg am Profil zugunsten einer möglichst langen laminaren Laufstrecke weit nach hinten zu verlegen und dabei die Bildung einer Ablöseblase zwecks Verringerung des Widerstandes zu verhindern. Genau an der Stelle, wo sich die Ablöseblase bilden würde, wird die Strömung durch Grenzschichtbeeinflussung (Turbulatoren) zum Übergang in eine turbulente Grenzschicht veranlaßt. Da die turbulente Grenzschicht weniger Widerstand erzeugt als die Ablöseblase, verbessert dieser Trick die Widerstandsbilanz erheblich. Windkanalversuche in Stuttgart und Delft bestätigen die Theorie. Ein Leistungsgewinn über das gesamte Geschwindigkeitsspektrum wurde nachgewiesen, wobei der obere Geschwindigkeitsbereich am meisten profitierte. Probleme gab es dann bei der Entwicklung der DG-600 auch zur Genüge. Was der Flügel mit seiner relativ großen Fläche (10,95 m bzw. 11,59 m) und dem dünnen Profil schon rein theoretisch erwarten ließ, zeigte dann die Praxis: Eigenartige Flattererscheinungen traten auf, denen, so mußte man bei Glaser-Dirks erkennen, mit den üblichen Maßnahmen wie Massenausgleich an den Rudern und in der Steuerung, nicht beizukommen war. Im Gegensatz zum typischen Biegeflattern (symmetrisches oder asymmetrisches Flattern des Flügels im niedrigen Frequenzbereich (A1 -Flattern) trat bei der Flugerprobung im Geschwindigkeitsbereich von 250 bis 280 km/h hochfrequentes Flattern auf, welches offenbar aus der Überlagerung von Flügeltorsionsschwingung und Rumpfbiegeschwingung resultierte und das dann, wie allgemein bekannt ist, sogar zum Verlust des ersten Prototyps führte. Die Flattererprobung wurde daraufhin eingestellt; alle Unterlagen, die bisher erflogenen Werte, Erfahrungsberichte und Videoaufnahmen von den Versuchen, wurden nach Göttingen geschickt, wo komplett neue Berechnungen angestellt wurden. Und dann bekam man das ungewöhnliche Phänomen des Flatterns in den Griff: Die Torsionssteifigkeit des Flügels wurde mittels Verstärkung des Innengewebes erhöht. Die Steuerung bekam zusätzliche Dämpfungsmassen, und der Rumpf wurde mittels in die Röhre integrierter Kohlebänder um 30 Prozent in seiner Biegesteifigkeit verstärkt. Auch die bei Glaser-Dirks entwickelte und bewährte Anschlußautomatik für die Ruder machte in diesem Zusammenhang Kopfzerbrechen. Die Steuerungskinematik ist bei automatischen Anschlüssen durchweg weicher als bei Handanschlüssen. Da die Beibehaltung des Automatikprinzips aus Sicherheitsgründen außer Frage stand, mußte die gesamte Steuerung zwecks Erreichen einer ausreichenden Steifigkeit neu konstruiert werden. Daß die aufwendige Steuerungskinematik für Flaperons und Bremsklappen und schließlich auch noch die Wassersäcke für bis zu 180 Liter Wasser in einen Flügel mit solch extrem niedriger Bauhöhe hineinpassen, mutet, betrachtet man die flachen Flügelschalen vor dem Zusammenkleben, ohnehin wie ein Wunder an. Auch die Anbringung von Massenausgleichsgewichten in die schmalen und spaltlosen Flaperons stellt an die Techniker hohe Anforderungen. Die zierlichen Außenflügel für die 17-m-Version erinnern schon fast an Flugmodellbau... Als die Flattererprobung schließlich wieder aufgenommen wurde, stellte sich heraus, daß sich die in jeder Hinsicht aufwendigen Maßnahmen gelohnt hatten: Bis 360 km/h zeigten sich keinerlei Flattererscheinungen mehr. Die DG-600 ist damit ein Flugzeug mit höchster Flattersicherheit. Ein ganzes Jahr Entwicklungsarbeit steckt in diesem Ergebnis, das in gewisser Hinsicht als das Resultat einer in Aerodynamik und Materialtechnik ausgesprochenen Pionierleistung bezeichnet werden kann.

Grenzschichtbeeinflussung

Der Flügelgrundriß der DG-600 ist ein Doppeltrapez, auch in der 17-m-Version, da die beiden Tips sich nach außen hin zwar stark verjüngen, der Linienführung des Hauptflügels jedoch folgen. Auf der Flügelunterseite wird eine laminare Laufstrecke von unglaublichen 82 Prozent erreicht, auf der Oberseite ist die laminare Laufstrecke bis zur Ablöseblase mit 68 Prozent immer noch länger als bei anderen Flugzeugen, zum Beispiel bei der DG 300, auf deren Unterseite. Am Ende der laminaren Laufstrecke besitzt die DG-600 sogenannte 3-D-Turbulatoren, die als Zackenbänder auf den Flügel aufgeklebt sind. Da das Profil der DG-600 speziell für diese Art von Turbulatoren ausgelegt ist, ist sichergestellt - dies war eine der Forderungen an das Profil -, daß besonders im Schnellflug keine Benachteiligung durch Widerstand entsteht. Das Profil ist das dünnste je gebaute und weist rechnerisch Vorteile gegenüber traditionellen Profilen besonders hinsichtlich der Gleitleistung im Schnellflug auf. Ob in der Rechnung nichts vergessen wurde, werden die Ergebnisse genauer Vermessung im Flug zeigen.

Langsamflug und Schnellflug

Erstaunlich ist, wie gutmütig sich das Flugzeug im Langsamflugbereich verhält. Selbst bei weit über den Horizont gezogener Nase bleiben alle Ruder noch wirksam. Nur: Zieht man dann noch weiter, wird der beginnende Strömungsabriß kaum durch die üblichen Warnzeichen angezeigt. Wenn sie, bei hohem Anstellwinkel, in der Steuerung „weich" wird, ist der Strömungsabriß im nächsten Moment da. Bei negativen Klappenstellungen zeigt sie vor dem Abkippen eine Art Sackflug, bei positiven Klappenstellungen fehlt der Sackflug, sie kippt über den Flügel ab. Ich gebe der DG-600 die Sporen, raste die Wölbklappen auf voll negativ und beobachte die rasche Fahrtzunahme. Auch jetzt bewährt sich die bequeme Schnelltrimmung. Kombiniert man die Trimmhebelbedienung mit der Wölbklappenbedienung, sind die Ruderkräfte automatisch verschwunden. Die Trimmung ist über eine Koppelung mit den Wölbklappen so eingestellt, daß sie dem Steuerdruck beim Setzen der Wölbklappen folgt, so daß bei gleichzeitigem Ziehen des Trimmhebels am Knüppel die Trimmung immer optimal ist. Umgekehrt hat man damit, wenn man so will, bei Fahrtänderung sogar eine gewisse Kontrolle für die Klappenstellung. Tauchen nämlich nach beschriebenem Austrimmen bei einer bestimmten Wölbklappenstellung wieder größere Ruderkräfte auf, stimmt in der Regel die gewählte Klappenstellung nicht mehr für die dann anliegende Fahrt. Auch im Schnellflug bleibt die DG-600 verhältnismäßig leise, dies ist auffallend im Vergleich zu ihren Vorgängern, die bei hohen Geschwindigkeiten doch ganz schön ins Zischen kommen konnten. Die Richtungsstabilität ist, offenbar bedingt durch den aus der Rumpflänge resultierenden großen Ruderhebelarm, gut. Ganz hervorragend ist die Rollwendigkeit, die einen Wechsel von 45 zu 45 Grad in 2,5 Sekunden ermöglicht. Mit etwa 210 km/h rausche ich - zugegebenermaßen viel zu schnell für optimales Gleiten nach MacCready - im Stechflug auf einen in der Ferne durch kreisende Flugzeuge markierten Bart zu und gerate, weil ich mich auf den Pulk konzentriere, unverhofft in die Turbulenzen eines starken Aufwindes mit gut 3 m Nettosteigen. Ich blicke zu den Flügelenden, die sich, als ich mit starker Beschleunigung hochziehe, kaum durchbiegen. Was an Bruchsicherheit in diesem dünnen Flügel steckt, wird mir in diesem Augenblick bewußt. Denn: Im Bruchversuch, bei J = 2, haben sich die Flügelenden jeweils um vier Meter (!) durchgebogen, bevor sie brachen!

Landung

Nach einer guten Stunde Flugzeit setze ich südlich von Baden-Baden einen langen Endanflug entlang des zum Rheintal hin abfallenden Schwarzwalds auf Karlsruhe an. Entsprechende Sicherheit habe ich einkalkuliert, und ich erreiche den Zielplatz in 400 m Höhe. Beim Setzen aller Landehilfen geht es „in den Keller", daß es in den Ohren knackt. Gerade eben noch im Zweifel, ob der Platz für diese Anflughöhe nicht doch zu kurz sei, sehe ich mich nun genötigt, die hochwirksamen doppelstöckigen Schempp-Hirth- Bremsklappen wieder halb einzufahren. Die hervorragenden Kurzlandeeigenschaften der DG-600 dürften problemlose Anflüge auch über Hindernisse gewährleisten, und wenn der Acker dann noch sehr kurz ist, hilft das groß dimensionierte Hauptrad, Bremskräfte in starke und dennoch über den Klappenhebel gut dosierbare Verzögerung umzusetzen. Zum zweiten Start werden der DG-600 die Flügeltips aufgesteckt. Die filigranen „Ohren" erhöhen die Streckung des Flügels von 20,55 auf 24,94. Der Start erfolgt diesmal an der Winde. Im Windenstart wird die relativ hohe Biegesteifigkeit des Flügels besonders offenkundig. Trotz seiner großer Spannweite von 17 m kann ich beim Blick zu den Tragflächenenden nur geringes Durchbiegen feststellen, und dies, obwohl der Windenfahrer es sehr gut mit mir meint und die Fahrtmessernadel zu Beginn und im mittleren Teil des Startvorgangs bei gut 150 km/h steht. Obwohl ich eigentlich erwartet hätte daß sich die Ruderabstimmung bei 17 m doch spürbar verändert, bin ich überrascht über die völlig ausreichende Seitenruderwirksamkeit, der scheinbare Widerspruch, daß die Ruderabstimmung doch offenbar nur eine Spannweite optimiert oder beide Spannweiten nur ein Kompromiß sein kann, erklärt sich durch gar raffinierte aerodynamische Tricks. Zum einen sind die Profile der Steckflügel gegenüber den Hauptflügelprofilen modifiziert. Da mit 17m Spannweite ein anderer Re-Zahlenbereich maßgebend ist, wurde das Tip-Profil aufgedickt. Zudem wirkt die hohe Streckung des Flügels günstig auf den Induzierten Widerstand und damit das negative Wendemoment aus. Und schließlich reichen über den gesamten Flügel nach außen hin schmaler werdenden Flaperons mit ihrer hohen Differenzierung von 2 : 1 bis zu den Randbögen. Offenbar „stimmt" auch die Rumpflänge der DC-600, so daß sie für beide Ansprüche gut paßt. Ich kann feststellen, daß die Seitenruderdimensionierung auch für die 17-m-Version völlig ausreicht: Die Ruderabstimmung der DG-600 mit 17 m kann damit als gut bezeichnet werden. An Rollwendigkeit hat sie zwar spürbar, jedoch nicht drastisch eingebüßt. Dafür hat sie gegenüber der 15-m-Version allerdings vier Gleitpunkte gewonnen und gleitet - rechnerisch - (die DLR-Meßergebnisse liegen noch nicht offiziell vor), aus 1000 m Höhe gute 50 km weit. Da ihr geringstes Sinken gerade noch 0,5 m/s beträgt, reichen ihr mit ihren Ansteckflügeln geringste Aufwinde zum „Überleben". Dies zeigt auch der letzte Teil unseres Arbeitstages für diesen Bericht. Am späten Abend, die meisten Segelflugzeuge, die am Platz fliegen, sind schon in ihren Hängern verschwunden, kaum noch Turbulenzen sind in der Luft, Platzrundenbetrieb und Schulung sind im Gange: Da startet die DG-600/17 für einen Fototermin bei tiefstehender Sonne. Aus der Winde gelangt sie, jeden „Heber" nutzend, in schwacher Abendthermik in eine ausreichende Höhe, die ihr genügend Zeit läßt, noch ausgiebig für den Fotografen zu posieren.

Urteil eines Weltmeisters

Begeistert vom Handling und den Flugleistungen der DG-600 zeigte sich auch Ingo Renner, der die Werknummer 5 in Fuentemilanos ausgiebig fliegen konnte, nachdem Robert Prat dieses Flugzeug auf dem Gebirgsflugwettbewerb in Vinon/Südfrankreich schon geflogen hatte und sich sehr zufrieden über das Flugzeug geäußert hatte. In einem der Redaktion vorliegenden Bericht Ingo Renners spricht dieser von ausgezeichneten Leistungen ...", „... guter Handhabung und großer Wendigkeit..." und „...waren von der guten Sicht aus dem Cockpit überrascht." Gerne hätte er mit der DG-600 an den Weltmeisterschaften teilgenommen. Eine kurzfristige Regeländerung der IGC (CIW), nach der eine Titelverteidigung fortan an die Klasse gebunden ist, in welcher der Titel errungen wurde, zwang Weltmeister Ingo Renner jedoch, in Wiener Neustadt wieder in der Offenen Klasse zu starten. Daß die DG-600 ein Flugzeug ist, welches, um seine Leistungsfähigkeit voll auszuschöpfen, auch durch „weltmeisterliche" Piloten einer ausreichenden Eingewöhnungszeit bedarf, mag das mäßige Abschneiden der DG-600 in Wiener Neustadt belegen. Die DG-600-Piloten hatten die Gelegenheit zu ausgiebigem Training nämlich nicht.

Wasserballast

Was das Fliegen mit Wasserballast betrifft, scheint die DG-600 - zumindest was unsere mitteleuropäische Durchschnittsthermik betrifft - mit 80 bis höchstens 100 Litern optimal beladen zu sein. Die Ballasttanks fassen in der Normalausführung je 65 Liter, die optionalen zwei mal 90 Liter dürften demnach exotischen Bedingungen vorbehalten sein. Die Kompensation der Schwerpunktverlagerung durch Wasserballast geschieht durch Wasserballast in der Seitenflosse. Das Tanksystem der Seitenflosse ist recht praktisch: Betankung ist jetzt ohne Demontage des Höhenruders, wie bei den früheren DG-Mustern, möglich. Die eingefüllte Wassermenge läßt sich von außen durch Ablesen des Wasserstandes an einer auf die Seitenflosse angebrachten Skala kontrollieren. Bei voller Beladung erreicht die leer gerade 260 kg auf die Waage bringende DG-600 das stolze Gewicht von 525 kg, was ihre Flächenbelastung in der 15-m-Version auf 48, in der 17-m-Version auf 45 erhöht. Um eine für das „Kurbeln" in der Thermik ungünstige vordere Schwerpunktlage zu vermeiden, kann (vorteilhafte Option für schwere Piloten) die Batterie ebenfalls in der Seitenflosse Platz finden. Auf den langen Hebelarm kompensiert das Batteriegewicht in der Flosse 20 kg Pilotengewicht. Man sollte, so hat die Praxis erwiesen, die DG-600 jedoch nicht mit hinteren (wie zum Beispie die DG-300), sondern eher mit mittleren Schwerpunktlagen fliegen, um optimale Kreisflugeigenschaften zu haben. Auch dies scheint eine Besonderheit des superflachen Profils zu sein. Die DG-600 ist ein Flugzeug, dessen Konzept durch konsequente Umsetzung aerodynamischer. Erkenntnisse und durch Anwendung modernster Werkstofftechnologie bestimmt ist. Sie hat hervorragende Leistungen und ihr Sicherheitsstandard ist bemerkenswert und eben „mehr als nur Standard". Leider hat ein solches Spitzenprodukt auch seinen Preis. 71 500 DM muß man für diesen Supervogel hinblättern, und das Finanzamt kassiert dazu noch die Mehrwertsteuer. Trotzdem ist die Nachfrage groß, und es gibt längere Lieferzeiten: Die gesamte Jahresproduktion 1989 ist schon verkauft. Und das, obwohl fünf DG-600 pro Monat das Werk in Untergrombach verlassen. Bernd Malzbender Glaser-Dirks DG-600 im Datenspiegel Hersteller Glaser-Dirks Flugzeugbau Gmt Muster DG-600 Besatzung 1 Klasse Rennkl. Offene 1 Version Versioi 15 m 17 m Spannweite m 15,00 17.0C Länge m 6,83 6,8c Flügelfläche m2 10.95 11,5; Streckung 20,55 24,9' Leermasse kg 257 26[ Wasserballast Flügel kg 80 8( Seitenflosse kg 6 ( Max. Flugmasse kg 525 52! Flächenbelastung bei 80 kg Zuladung kg/m2 30,6 29,; Max. Flächenbelast. kg/m2 47,9 45,; Höchstgeschw. fVne) km/h 270 27( Überziehgeschwindkt, mit 80 kg Zuladung km/h 64 6; Bei Flächenbelast. von 32 kg/m2: Geringstes Sinken m/s " 0,56 0,5! Beste Gleitzahl 45,2 49," Bei Flächenbelast. von 48 kg/m2: Geringstes Sinken m/s 0,67 0,51 Beste Gleitzahl 46,7 50,:

Kommt die WK-Automatik?

Gute Handhabung

Technische Daten und Leistungsangaben Schleicher ASW 20

Einsitziger, freitragender Mittel-Schulterdecker für Leistungssegelflug.

Flügel: zweiteiliger Doppeltrapezflügel, GFK-Schaumschale, Rovingholm mit Zunge-Gabelverbindung, integriertes Wölbklappen-Querrudersystem über ganze Spannweite mit 4 außenliegenden, verkleideten Antrieben. Schempp-Hirth-Bremsklappen auf Flügeloberseite.
Rumpf: reine GFK-Schale, Vorderteil Doppelschale, Schwerpunktkupplung, nach vorn klappbare Haube, Pedale, Rückenlehne und Nackenstütze verstellbar.
Leitwerk: gedämpftes T-Leitwerk mit eingebauter Antenne. Federtrimmung.
Fahrwerk: ungefedertes Einziehfahrwerk, mechanische Innenbackenbremse, Rad 5.00-5, aerodynamisch geformter, elastischer Schleifsporn.
Spannweite 15 m
Länge 6,82 m
Höhe 1,45 m
Flügelfläche 10,5m2
Streckung 21,43
Rüstgewicht 250 kg
max. Zuladung 115 kg
max. Fluggewicht ohne Ballast 375 kg
max. Ballast 120 kg
max. Fluggewicht mit Ballast 454 kg
Flächenbelastung ohne Ballast etwa 32 kg/m2
Flächenbelastung mit Ballast etwa 43 kg/m2
höchstzulässige Geschwindigkeit
bei ruhigem Wetter 270 km/h
bei starker Turbulenz 180km/h
bei Flugzeugschlepp 180 km/h
bei Windenstart 125 km/h
Mindestgeschwindigkeit 65 km/h
geringstes Sinken bei 73 km/h 0,6 m/s
beste Gleitzahl (15m) 43
beste Gleitzahl (16,5m) 45