Beschreibung |
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Mit Erstaunen haben wohl die meisten reagiert, stand doch in Mengen bei der Baden-Württembergischen Landesmeisterschaft plötzlich ein bis dahin gänzlich unbekanntes Flugzeug am Start. Von weitem sah das Flugzeug fast so aus wie eine Glasflügel 304, doch wenn man sich den Flieger näher betrachtete, mußte man feststellen, daß es sich tatsächlich um eine Neuentwicklung handelt. Auch der Name zeigt an, daß es wohl mal wieder etwas Besonderes sein mußte, daß Hans-Jörg Streifeneder sozusagen in "Heimarbeit" und in aller Stille gebaut hatte. Der Name Streifeneder ist bestimmt kein unbeschriebenes Blatt mehr, was den Bau von zum Teil eigenwilligen Weiterentwicklungen oder auch Neukonstruktionen anbelangt. Noch nicht vor allzulanger Zeit war er wohl maßgeblich am Bau anderer Segelflugzeuge beteiligt, die übrigens genauso in aller Stille wie die Falcon entstanden. "Ich wollte schon immer ein eigenes Flugzeug haben, und wenn, dann sollte es keins von der Stange sein", betonte Hans-Jörg Streifeneder bei einem Gespräch. Dies war schließlich auch die Grundidee für den Bau der Falcon, die übrigens nach nur siebenmonatiger Bauzeit fertiggestellt werden konnte. Um sich die dabei schon sehr aufwendigen Arbeiten nicht unnötig zu erschweren, ging Streifeneder von einer möglichst einfachen Flugzeugauslegung aus. Man entschied sich also für den Bau eines Standard-Klasse-Flugzeuges. Um den Arbeitsaufwand weiterhin gering zu halten, griff Streifeneder natürlich auf bereits erprobte und in der Produktion befindliche Bauteile zurück. Der Rumpf, daher die Ähnlichkeit zu den neuesten Glasflügelmustern, übernahm der Flugzeugbauer von der Glasflügel 304 und verlängerte diesen, um der etwas größeren Flügelfläche bei der Falcon gerecht zu werden. Das Cockpit blieb identisch, nur an der Rumpfform und dem Leitwerk wurden geringfügige Änderungen vorgenommen, die einem allerdings erst beim genauen Hinschauen auffallen. Da ja bei der Falcon keine Wölbklappen vorhanden sind, konnte bei diesem Flugzeug der Rumpf-Flächen-Übergang etwas anders gestaltet werden, und der Falcon-Rumpf erhielt einen fließenderen Übergang vom Cockpitbereich zur Rumpfröhre, als dies bei der 304 der Fall ist. Ebenfalls wurde das Leitwerk etwas verändert, so "verpaßte" man der Falcon ein Hornet-Höhenruder. Was die Falcon aber ganz deutlich auch optisch von anderen Standard-Klasse-Flugzeugen unterscheidet, ist der Tragflügel. Ebenfalls im Hinblick auf einen gering zu haltenden Arbeitsaufwand, hauptsächlich aber wegen der besseren Schnellflugleistungen entschied sich der Konstrukteur für einen Flügel mit ungeschränktem Profil, was auch den Formenbau erheblich vereinfachte. Streifeneder ließ dann, ausgehend von dieser Entscheidung, den Tragflügel zunächst von Glasflügel-Konstrukteur Martin Hansen optimieren. Die Berechnungen ergaben einen Rechteck-Doppeltrapez-Flügel, der den gegebenen Forderungen entsprach. Mit dieser Flügelform komme man einer elliptischen Auftriebsverteilung, was ja der Idealfall wäre, sehr nahe, erklärte Hans-Jörg Streifeneder. Besonders auffällig an dem Falcon-Tragflügel sind auch die großen Querruder. Sie erstrecken sich über fast den ganzen Bereich des mittleren Tragflügel-Trapezes und sollen dem Flugzeug eine gute Wendigkeit um die Längsachse geben. Auch schon im langsamen Anrollbereich beim Flugzeugschlepp werden die Querruder voll wirksam, so jedenfalls Hans-Jörg Streifeneder. Die Auswahl von wem das Profil für oden Falcon-Flügel stammen sollte, fiel Streifeneder nicht schwer, denn er wollte bei seinem Flugzeug eine der neuesten Methoden der aerodynamischen Leistungsverbesserung anwenden, das Ausblasen. Das bei der SB-12 [zum ersten Mal erprobte und bei der neuen ASW 22 zum ersten Mal in einem Serienflugzeug verwirklichte Prinzip, soll nach vorläufigen Berechnungen und Messungen der Akaflieg Braunschweig an ihrer SB-12 eine Leistungssteigerung von etwa acht Prozent ermöglichen. Die Ausblasprofil-Experten Horstmann und Quast entwickelten also auch das Profil für den Falcon-Flügel, wobei Horstmann bei der Optimierung des Profils den Schnellflug etwas mehr berücksichtigte. Ausgeblasen wird bei der Falcon über den gesamten Spannweitenbereich auf der Flügelunterseite. Zunächst wurde das Flugzeug bei den ersten Flügen ohne "Löcher" geflogen. Bei entsprechenden Messungen konnte dann der genaue Ort der laminaren Ablöseblase festgestellt werden. An schließend wurden dann in diesem Bereich die Ausblaslöcher gebohrt. Für eine Ausblasung auch auf der Flügeloberseite wollte man sich nicht entscheiden, da der Bereich der Ablöseblase auf der Oberseite stärker anstellwinkelabhängig ist, als auf der Unterseite. Die Blase wandert also, je nach Anstellwinkel, mehr nach vorne oder hinten, so daß mehrere Blasloch-Reihen auf der Oberseite notwendig würden, wollte man den Ausblas-Effekt, nämlich die Zerstörung der Ablöseblase, erreichen. Was die Flugeigenschaften der Falcon anbetrifft, so äußerte sich Hans-Jörg Streifeneder sehr positiv. "Besonders das Überziehverhalten ist absolut harmlos, und sogar im Sackflug kann man noch volle Querruderausschläge geben, ohne daß das Flugzeug kritisch wird". Auch das Start- und Landeverhalten des neuen Flugzeugs sei voll zufriedenstellend. Über die Flugleistungen der Falcon konnte man noch nichts Genaues erfahren. Doch um ganz sicher bei diesem neuen Standard-Segler zu gehen, wird die Falcon bei dem diesjährigen Idaflieg-Sommertreffen in Aalen-EI-chingen vermessen. Streifeneders persönlicher Eindruck über die Leistungen des Flugzeugs ist folgender: "Das Profil bringt wahrscheinlich im gesamten Bereich gute Leistungen, auch hatte ich den Eindruck, daß ich etwas besser als die anderen steige." Ebenfalls über den weiteren Weg des Flugzeugs werden die Idaflieg-Messungen entscheiden. Sollte die Falcon, was man natürlich vermutet, mit ihren Flugleistungen an die der neuesten Standard-Klasse-Flugzeuge heranreichen, so ist es durchaus möglich, daß sich Glasflügel für den Serienbau und Verkauf dieses Flugzeugs interessieren wird. Wäre dies der Fall, so stünde bereits im Frühjahr, spätestens aber bis Mitte des nächsten Jahres dieser neue Standard-Segler zur Verfügung. Doch zunächst will Hans-Jörg Streifeneder die Flugerprobung des Flugzeugs zu Ende bringen, um die voll gültige Verkehrszulassung für die Falcon zu erhalten. Eine Musterzulassung für den Serienbau ließe sich dann einfacher und schneller durchführen, da sich die Flugerprobung für eine Einzelzulassung und eine Musterzulassung in fast dem gleichen Rahmen abspielt. Erwähnenswert dürfte noch der finanzielle Aufwand sein, der für den Bau der Falcon notwendig war. Ohne irgendwelche Kosten für Baustunden zu berechnen, die beim Eigenbau eh nicht eingesetzt werden können, beliefen sich die reinen Materialkosten auf 20 000DM. Übrigens, einen ersten Wettbewerbserfolg konnte das Flugzeug schon für sich verbuchen. Bei der Landesmeisterschaft von Baden-Württemberg in Mengen belegte Hans-Jörg Streifeneder mit der Falcon unter 34 Teilnehmern in der Standard-Klasse den vierten Gesamtplatz. |